Tines Diätkarriere
Da mir Eure Seite wirklich gut gefällt kommt von mir ein neuer Beitrag.
Zu mir: Ich bin 35 Jahre alt, verheiratet und habe einen fünfjährigen
Sohn. Meine Grösse: 172 cm, Gewicht: 137,8 kg.
Vor sieben Wochen waren es immerhin noch 145 kg.
Und hier meine Geschichte:
Mit Eintritt in die Schule geht meine Diäetgeschichte los. Meine Eltern
und Großeltern leben zusammen in einem grossen Haus. In meiner Klasse
gab es deswegen viel Neid und ich wurde entsprechend von meinen
Mitschülerinnen behandelt. Nur die Jungs haben damals zu mir gehalten,
war ich doch schon immer eher ein Junge, der auf Bäume klettert und
rauft. Meine Familie hat jegliche Probleme mit Schokolade gelöst.
Nimm
es doch nicht so schwer, wenn Deine Kameraden gemein sind. Schau, ein
Stück Schokolade und Dir geht's gleich besser. Auf dem Gymnasium ging es
mir dann besser. Dort wurde ich akzeptiert, wie ich war, nur meine
schulische Leistung war ... naja...
Meine Eltern (beide Ärzte) wollten allerdings von irgendwelchen
Geschichten verschont bleiben und somit war ich im besten Frustessen
gefangen. Mit zwölf habe ich die erste grosse Diät gemacht: Atkins. In
25 Wochen nahm ich 25 kg ab. Immerhin hielt ich mein Gewicht fast ein
Jahr. Danach kam das übliche auf und ab. Meine Mutter (168 cm und
dauerhafte 54 Kilo) quälte mich jeden morgen um sechs mit der Frage:
"Was wiegst Du denn".
Nicht meine Uhrzeit. Es gab also ziemlich häufig
Krach. Im Grunde wollte ich schon damals eigentlich nichts anderes, als
von meiner Mutter geliebt zu werden, egal wieviel ich wiege.
Kurz vor 18 hatte ich dann meinen ersten Freund (gemütliches
Bäuchlein...) und mein Gewicht ging in den drei Jahren unserer Beziehung
von 80 kg auf 110 kg. Nachdem er sich von mir getrennt hatte (wegen
einer anderen) konnte ich zum ersten Mal in meinem Leben aus Kummer
nicht essen. Wieder war ich bei 80 kg. Ich lernte meinen jetzigen Mann
kennen und schleichend ging es wieder bergauf. Immer mal wieder machte
ich Diaet. FDH, Hollywood-, Turbo- und Kohlsuppendiaet habe ich alles
schon mal ausprobiert.
Als ich 1998 schwanger wurde war ich bereit bei 124kg angekommen.
Witzigerweise habe ich sechs Wochen nach der Geburt meines Sohnes 120 kg
gewogen. Meine Mutter erklärte mir auch prompt: "Nutze die Stillzeit, da
kannst Du toll abnehmen". Als ich ihr erklärte, dass das die Schadstoffe
aus dem Fettgewebe löst und die direkt in die Muttermilch gehen, winkte
sie nur ab mit der Bemerkung, sie habe das bei mir auch gemacht.
Ihr seht schon: Hier schwelt ein heftig-deftiger Mutter-Tochter Konflikt.
Anfang 2000 musste mein Mann dann unter der Woche nach München. Er ist
selbständiger Diplom-Informatiker und hat etwa alle 2-3 Jahre ein neues
Projekt. Mitziehen ist nicht drin, denn alle zwei Jahre umziehen - neee danke.
Zwei Jahre später erfuhr ich dann, dass er in München fremdgegangen
ist ... seht ihr schon die Waage ächzen?
Nach Therapie und viel reden haben wir es geschafft, uns wieder
zusammenzuraufen. Auch wenn er mein Vertrauen gebrochen hat, so ist er
doch der Mann, den ich liebe und mit dem ich alt werden will. Mit meinem
Kind erfolgte dann wieder ein schleichender Prozess:
Ich begann auf
Bioprodukte umzustellen und seit vier Jahren tue ich das, was zu meinen
ungeliebtesten Aufgaben im Haushalt gehört: Kochen. Langsam und
allmählich begann ich, fettarm zu kochen. Bei uns gibt es Nudeln, Reis,
Schupfnudeln und Ebly, das alles mit fettarmer Sauce. So weit so gut,
nur die leckeren Teilchen vom Bäcker (schlemm) sind für die Fettbilanz
nicht ganz so zuträglich ...
Eine Woche vor meinem 35. Geburtstag habe ich mir aus einem Impuls
heraus die DVD von Susan Powter geholt. Ich habe sie mir erst mal so
angeschaut und war ziemlich erstaunt. Modifikation, immer reden können
und bitteschön nur auf meinem Fitnesslevel?
Wow, das hörte sich gut an.
Zwei Tage danach begann ich, abends oder morgens brav mitzuturnen
(stöhn, ächz, keuch). Wer von Euch die DVD kennt kann sich vorstellen,
dass ich mehr auf der Stelle gegangen bin als dass ich geturnt habe.
Dann beschloss ich, als Alternative Rad zu fahren. So schaffte ich es
bis jetzt, vier bis fünf mal die Woche eine Stunde Sport zu machen und
gleichzeitig gibt es statt Schokolade Gummibärchen, Meringen und
Mohrenköpfe. Sieben Kilo sind bis jetzt weg, ohne dass ich das Gefühl
habe, auf Diät zu sein. Das Radfahren macht mir so richtig Spass, mehr
noch als das Aerobic.
Leider hat mein Sohn gerade Kindergartenferien und
so komme ich nicht so oft dazu, wie ich möchte.
In den letzten 20 Jahren habe ich etwa 140 kg abgenommen, was eine
stattliche Bilanz ist. Dünne Zeiten kenne ich nicht wirklich und ich
kann es mir auch nicht so recht vorstellen, jemals "Schlank zu sein wie
ein Mannequin".
Begriffen habe ich einiges in den letzten Jahren:
Zunächst mal habe ich mich in dem Körper einer Frau nie wohlgefühlt.
Ernsthaft, ich fühle mich oft, wie in einem falschen Film. Wenn ich auf
dem Fahrrad sitze und dabei meditiere (kann ich nur empfehlen, ist echt
klaase), spüre ich das unter dem ganzen Fett tatsächlich ein schlanker
starker Körper steckt, allerdings mit etwa 15 cm mehr, die mir in diesem
Leben nicht mehr nachwachsen werden.
Zu diesem Hass auf meine Weiblichkeit kommt noch eine Mutter hinzu, die
von ihrem eigenem Vater trotz Studium und beruflichem Erfolg nie
Anerkennung und Stolz erfahren hat ("Jetzt wo Du geheiratet hast, kannst
Du ja endlich mit Deinem blöden Studium aufhören und Kinder kriegen").
Und das wollte sie mir auch nie schenken, nur wenn ich so bin wie sie es
gerne hätte. Dagegen habe ich mich aber immer gewehrt.
Ich habe nie gelernt, Frust ohne Schokolade zu verdauen, im Moment merke
ich zum ersten Mal in meinem Leben, wie wohltuend so eine Tour auf dem
Rad sein kann.
Zudem habe ich nie gelernt, was eine ausgewogene und vernünftige
Ernährung ist, und das, obwohl ich aus einem Ärztehaushalt komme.
Bewegung war bisher ein Graus für mich. Sport ist Mord!!! Im
Sportunterricht war ich dank meiner Kraft zwar immer als Hilfestellung
sehr begehrt, sonst aber ein totaler Versager. Schulsport ist auch nicht
gerade eine Motivation für Dicke (höre ich da Zustimmung und Beifall?).
Inzwischen weiss ich, dass ich ich das Fett aus meinem Essensplan
raushalten muss, allerdings nicht ganz so streng, denn völliger Verzicht
wäre ja wieder Diaet. Und Bewegung jeden Tag gehört auch dazu, aber in
Massen ohne sportliche Ambitionen. Ausserdem nutze ich die
Visualisierung (macht Susan auch). Ich habe so ein paar Vorstellungen:
Im engen blauen Dress auf einem neuen blauen Mountainbike durch die
Gegend sausen und unterwegs die lahmen Sonntagssportler
abhängen...(Yeah!!), mit Mann und Kind durch die Dolomiten eine
Mehr-Tages-Tour machen ohne zu schnaufen, so richtig in flottem Tempo
bergauf und mein Mann stöhnt hinter mir um Gnade und fleht, ich möge
doch bitte langsamer laufen ... (vorallem das Flehen male ich mir aus,
denn er rennt normalerweise durch's Gebirge) oder meine schönste
Vorstellung:
Was lässt sich mit einem beweglicheren schlankeren Körper
im Bett alles anstellen! Da tun die Knie nicht mehr nach 30 sek weh und
der Anblick ist natürlich auch ein appetitlicherer.
Mein Fazit:
Diäten sind wirklich doof. Sie machen mich nur wabbeliger
und lassen mich an mir und meinem Durchhaltevermögen verzweifeln. Das
gebe ich mir nie mehr. Ernährungsumstellung (Low Fett) und
Bewegung ... mal schaun wo's hinführt.
Liebe Grüsse Euch allen, liebe Mitleidensgenossinnen!
Tine am 16.08.04
weitere Zunahmen und gute Vorsätze